Schweiz – Frankreich – Italien – an einem Tag. Die Frisur sitzt immer noch!
Letzte Woche war ich mit meinem Mann Magnus wieder auf einem der legendären Ultra-Wettkämpfe im Trailrunning. Diesmal am Mont Blanc Massiv, dort wo die Schweiz, Frankreich und Italien aneinander grenzen und man in einer Stunde alle 3 Länder bereisen kann.
Er rennt – ich betreue ihn. Seelisch, psychisch und körperlich, soweit das überhaupt möglich ist.
Das ist so, seit wir uns kennen. Und das sind über 25 Jahre. Früher waren es Triathlon Wettkämpfe, an denen er teilgenommen hat: Ironman (3,8 Km Schwimmen, 180 Km Radfahren, 42 Km Laufen), Double-Ironman, Triple-Ironman, heute ist es der Trailrunning Sport.
Trailrunning – Abenteuer oder mehr?
Bei Ultra-Trailrunning-Wettkämpfen läuft man über hohe Berge und die Distanzen können sich zwischen 70 – 330 Km oder mehr bewegen. Meist ohne große Pausen, ohne Schlaf, bei jeder Witterung, Tag und Nacht durchgehend. Es nehmen mehrere hunderte bis tausende Teilnehmer aus allen Nationen teil und es hat definitiv nichts mit einem mehrtägigen Wanderurlaub zu tun.
Für den Laien unvorstellbar und auch für mich immer wieder ein Phänomen. Die Fahrten zu Wettkämpfen sind für mich Abenteuerreisen. Es gibt im Vorfeld vieles zu organisieren und zu durchdenken, insbesondere natürlich für meinem Mann Magnus.
Ich selbst lerne auf diesen Reisen andere Orte und Länder, andere Menschen, andere Blickwinkel, andere Denkweisen kennen. Es ist ein Aufbruch ins Unbekannte und etwas Aufregung ist immer dabei, auch wenn ich selbst gar nicht laufe.
Auf unserer Welt gibt es Menschen mit verschiedenen Vorlieben, außergewöhnlichen Hobbys, einzigartigen Berufungen und tiefen Leidenschaften.
Der eine spielt Schach, der andere malt Bilder, noch eine anderer segelt. Mein Mann Magnus macht Ausdauersport.
Warum immer wieder aufstehen?
Über die Jahre hinweg habe ich als Betreuerin viele Erlebnisse mit ihm und anderen Läufern geteilt, die mich tief bewegten. Finger wurden vor Kälte nicht mehr gespürt, da waren Stürze mit geprellten Rippen und geschwollenen Knöcheln, Gewitter am Berg, wo er um sein Leben laufen musste. Ich habe Füße gesehen, an denen Hautlappen weg hingen, durchgefrorene blaue Gesichter und zitternde Körper. Es waren und sind Menschen, die gerne an ihre eigenen Grenzen gehen.
Warum? Es sind dieselben Fragen, die ich an Magnus habe:
- Hast du Angst vor dem unwegsamen steilen und fremden Gelände?
- Was ist, wenn es eiskalt oder brennend heiß wird?
- Was ist, wenn du schwach bist?
- Was ist, wenn du dich verletzt?
- Was ist, wenn dein Körper und Geist nicht mehr will?
- Was ist, wenn es weh tut? – Und das tut es immer irgendwann.
- Was gibt es dir, dass du das alles auf dich nimmst?
Grenzgang – Was sind die Antworten dafür?
Warum machen Frauen und Männer das? Die Beweggründe sind sicherlich für jeden sehr individuell und werden sich in das große Puzzle des eigenen Lebensplans einfügen.
Magnus beschreibt es mir so:
- Es reizt mich an meine Grenzen zu gehen, mich großen Herausforderungen zu stellen.
- Ich bin im Wettkampf 100% im Hier und Jetzt. Jeder Augenblick ist voller Intensität – Leben pur!
- Ich will immer wieder testen und sehen, was mein Körper und Geist können und aushalten.
- Wenn ich meine gesetzten Ziele erreiche, will ich die Freude darüber spüren und auskosten. Genauso, wenn ich scheitere, dann muss ich mit dem Scheitern klar kommen und auch dies ohne Groll annehmen!
- All meine gemachten Herausforderungen und Erfahrungen im Bereich Extremsport helfen mir auch im normalen Leben mit Unerwartetem ruhig und entspannt umzugehen.
Magnus ist nie leichtsinnig oder unbedacht. Er kennt seinen Körper gut und weiß wann genug ist, hört auf seinen Instinkt und seine Intuition. Darauf kann ich vertrauen und das ist gut so. Er meint, er will das Leben und den Sport ja noch länger genießen.
Im Ziel sehe ich oft Frauen und Männer, die vor Glück strahlen. Es scheint, als ob sie innerlich aufgeweicht wurden. Die Augen haben einen Glanz und ein Strahlen, das nicht von dieser Welt ist, trotz aller Anstrengung. Die innere Schönheit kommt durch, weil das Ego-Denken und vieles andere verschwunden ist. Die teilweise harten Männer, die all ihre Härte verloren haben, weil sie sich selbst besiegt haben.
Ich alter Schisser höre mir die Geschichten gerne an. Bewunderung, Respekt und Unbegreiflichkeit – immer wieder. Und es erwacht auch in mir Sehnsucht nach dem eigenen Grenzgang.
„Es ist nie der Kampf mit anderen,
sondern mit mir selbst und den Elementen.“
Magnus Bühl
Was lerne ich aus dem Trailrunning für das Leben und den Beruf?
Ein Freund aus Südtirol, auch Trailrunner, hat es mir so beschrieben: „Es gibt immer neue Herausforderungen, wie im Leben selbst, das macht Trailrunning so einzigartig.“
Was sind die Qualitäten, die mich an diesen Trailrunnern so faszinieren und die auch im Leben hilfreich sind:
- Der Mut, sich auf das neue Unbekannte einzulassen.
- Die Kontrolle loszulassen.
- Sich in Gelassenheit zu üben.
- Die Freude genießen auf das Kommende.
- Weiterzumachen, auch wenn mal schwierig wird.
- Vertrauen haben ins Leben in jedem Moment.
- In der Präsenz zu sein.
Im tagtäglichen Leben, im Beruf und im Unternehmer-Sein sind diese Qualitäten sehr wertvoll für mich.
Ich beobachte, lerne und werde mir bewusst auf diesen Abenteuerreisen.
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